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16.11.2018
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Metropol, Zürich

47. Economic Conference

In der Schuldenfalle

William White

«Ways out of the Global Debt Trap: Restructuring and Forgiveness»

Hans-Werner Sinn

«Target-Kredite und Negativ-Zinsen: Die Entgrenzung der EZB-Politik»

Die Analysen der Referenten auf der 47. Wirtschaftskonferenz klangen düster und pessimistisch. Viele Zuhörer im vollbesetzten Vortragssaal des Metropol bezeichneten sie als realistisch. William White, ehemaliger Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), entwickelte vier Szenarien für die Zukunft. Er sprach über die globale Dimension der rasant steigenden Staatsverschuldung. Die Abkehr von der expansiven Geldpolitik sei notwendig, denn die hohe Verschuldung – nicht nur des Staates, sondern auch von Privaten und Unternehmen – berge große Risiken. Ein Ausstieg wäre jedoch schmerzhaft und daher politisch schwer zu verkraften. Eine ordentliche Umschuldung einschließlich Schuldenerlass erscheint ihm als die am wenigsten schlechte Option; finanzielle Repression oder gar fiskalische Dominanz in Verbindung mit hoher Inflation wären die schlechtesten Alternativen.

Hans-Werner Sinn, emeritierter Professor an der Universität München und Deutschlands bekanntester Wirtschaftswissenschaftler, konzentrierte sich auf die Eurozone und Italien. Die Weltwirtschaft wächst und die deutschen Exporte sind stark, auch weil der Euro immer noch unter seiner Kaufkraftparität liegt und Deutschland im Euro unterbewertet ist. Die deutsche Binnenwirtschaft wird durch niedrige Zinsen und eine anhaltende Flucht in Sachwerte stimuliert. Auch die Überwindung aller Schuldengrenzen hat die Binnenkonjunktur in der Eurozone angekurbelt. Ein Blick auf die Industrieproduktion zeigt jedoch, dass die südeuropäischen Länder nach wie vor in großen Schwierigkeiten stecken. Auch in Frankreich setzt sich die Krise fort. Die Bundesbank hält rund 1.000 Milliarden wertlose Forderungen gegenüber den anderen Euro-Ländern in ihrer Bilanz, für die sie Überziehungskredite gewähren musste. Dies ist einer der Gründe, warum Deutschland bereits enorme Verluste im Eurosystem angehäuft hat. Italiens neue Regierung wird viel Geld von Deutschland fordern und mit dem Austritt drohen, wenn sie es nicht erhält. Solange Deutschland bereit ist, das Geld zu geben und immer neue Garantien für die überschuldeten Länder in der Eurozone zu gewähren, wird der Euro weiter bestehen. Von den drei Alternativen „tiefgreifende Reformen in Italien“, „Austritt Italiens aus dem Euro“ oder „Finanzierung Italiens durch die Euro-Partner, insbesondere Deutschland“, erscheint ihm die letztere am wahrscheinlichsten. Dass ihm ein Austritt Italiens (aus dem Euro) wirtschaftlich am sinnvollsten erscheint, war zwischen den Zeilen zu hören, aber eine explizite Aussage zu diesem Thema war ihm nicht abzuringen.

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50 Cent für einen Dollar – oder gar nichts
Thomas Fuster, NZZ, 17.11.2018

Referat von William White

Senior Fellow am C.D. Howe Institute, Toronto, ehemaliger Berater und Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)

Referat von Hans-Werner Sinn

Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Präsident a.D., ifo Institut München

Die Weltwirtschaft wächst, und Deutschlands Exporte sind stark, auch weil der Euro noch immer unter seiner Kaufkraftparität liegt und Deutschland im Euro unterbewertet ist. Die deutsche Binnenwirtschaft wird durch den niedrigen Zins und eine nach wie vor zu verzeichnende Flucht in die Sachwerte belebt. Der Bruch sämtlicher Schuldenschranken hat in der Eurozone die Binnenkonjunktur zusätzlich beflügelt. Ein Blick auf die Industrieproduktion zeigt indes, dass die Länder Südeuropas sich nach wie vor in grossen Schwierigkeiten befinden. Auch in Frankreich dauert die Krise an. Die Bundesbank hält etwa 1000 Milliarden wertlose Forderungen gegen die anderen Euro-Länder in ihrer Bilanz, für die sie Überziehungskredite hat gewähren müssen. Das ist einer der Gründe dafür, dass Deutschland bereits riesige Verluste im Euro- system aufgehäuft hat. Italiens neue Regierung wird viel Geld von Deutschland verlangen und mit dem Austritt drohen, falls es das nicht erhält. Solange Deutschland bereit ist, das Geld zu geben und stets wieder neue Bürgschaften für die überschuldeten Länder der Eurozone zu gewähren, wird der Euro Bestand haben.

Professor Sinn hat frei gesprochen. Die folgenden Zeilen reflektieren einige seiner Gedanken zum Thema Kredite, Schulden und Zinsen in der Euro-Zone.