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In den Medien
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18.05.2025

Trump ist kein Irrer, sondern er hat Schuldenkrise erfasst

Konrad Hummler und alter Wegelin-Mitstreiter erkennen hinter scheinbar mutwilligem Umsichschlagen clevere Strategie.

Klaus Stöhlker
Inside Paradeplatz

Es ist mehr als ein Weckruf, es ist eine Kampfschrift der ganz besonderen Art, verfasst von zwei Schweizer Bankiers.

Danach wird die Welt schon in zehn Jahren wissen, ob aufgrund der Politik des US-Präsidenten Donald Trump ein Zusammenbruch der globalen Wirtschaft mit Kriegen und Bürgerkriegen angesagt ist.

Oder ob wir gerade noch die Kurve kriegen und aus dem Chaos der Gegenwart eine neue Ordnung entsteht.

Der St. Galler Bankier Konrad Hummler hat mit seinem vormaligen Partner und Freund in der Bank Wegelin, Ivan Adamovich – der ist heute CEO der Private Client Bank in Zürich, Hummler amtet dort als Präsident -, eine Kampfschrift formuliert.

Das 70-seitige Werk trägt den Titel „Vom Umgang mit Amerika“ und ist von der Zürcher Progress Foundation publiziert worden, die sich seit Jahrzehnten mit Hunderten Mitgliedern der Förderung des liberalen Gedankens verschrieben hat.

Die beiden mit den USA bestens vertrauten Autoren stellen die weit verbreitete Annahme infrage, Donald Trump sei entweder dumm, bösartig oder beides.

Diese auch in der Schweiz weit verbreitete, moralisierende und verurteilende Beurteilung des amtierenden US-Präsidenten werde von einer ganz ungefähren Hoffnung getragen, es komme schon nicht so schlimm.

Richtig sei vielmehr, dass Donald Trump angesichts der ökonomisch geprägten Überzeugung vom bevorstehenden Untergang der USA als globales Machtzentrum ein Szenario entwickelt habe, die bisherige Welt auf den Kopf zu stellen.

Die Weltmacht USA, der Hegemon seit über 100 Jahren, ist nach Hummler und Adamovich finanziell zu hoch belastet. Seine Leistungen für andere Staaten, darunter die NATO, werden nicht vollständig abgegolten.

Sie sind für die USA immer weniger tragbar.

Von daher werde verständlich, dass Trump gegenüber den besten Freunden der USA Vertrauensbrüche begehe. Auf diplomatischer Ebene zeige er ein verletzendes Verhalten, um sich aus alten Bündnissen zu lösen.

All das sei kein Zufall, sondern entscheidend das Werk eines anderen Amerikaners, Paul Dans, der bei der einflussreichen Heritage Foundation die Planung der Präsidentschaft von Donald Trump leitete.

Die im Gang befindliche Aufteilung der Welt werde ausgelöst durch fünf Faktoren.

Erstens dienen Zölle als Mittel der Wirtschaftspolitik. Zweitens wird der US-Dollar gezielt geschwächt.

Drittens steht eine Umschuldung der tief verschuldeten Vereinigten Staaten bevor – mit tieferen Zinsen und längeren Laufzeiten.

Viertens wird die Staatsverwaltung verkleinert, um zu sparen.

Fünftens endet damit die „Pax Americana“, welche die globale Führungsrolle der USA mit militärischen Mitteln gefestigt hat.

Das ist das – im besten Fall – Wunschszenario der beiden Autoren, die auf dieser Basis eine neue Weltordnung ohne Chaos für möglich halten.

Die USA wird vom „Sugar Daddy“ der Weltpolitik zum „Dealmaker“, wie wir es soeben auch in den arabischen Staaten erlebt haben.

Sofern die USA aus innen- wie aus aussenpolitischen Gründen dieses Programm nicht zu realisieren vermag, steht ein neuer „Multilateralismus 2.0“ vor der Tür.

Dieser könne sich nur einstellen bei einer allgemeinen Öffnung der Märkte, verbunden mit einem rasanten technischen Fortschritt.

Dann könne es gelingen, die US-Bürokratie und die amerikanischen Staatsschulden abzubauen.

Dieser „Multilateralismus 2.0“ brauche aber eine Perestroika nach sowjetischem Vorbild auch im heutigen China.

Derlei sei nicht ausgeschlossen angesichts der grossen Herausforderungen, denen sich Xi Jinping gegenübersieht. Es gebe aber keine Sicherheit, dass China diesem Weg folge.

Sollten beide Szenarien, so in der Kampfschrift der beiden Autoren, nicht verwirklicht werden können, bleibe als drittes Szenario nur „Die grosse Unordnung“.

Zölle und Gegenzölle würden den Welthandel vernichten. Die Finanz- und Währungspolitik des Westens werde zusammenbrechen. Gold und Bitcoin werden verboten. Die Schweiz wird mit ausländischen Fluchtgeldern geflutet.

Dazu alte und neue Kriege in der Welt – und vielleicht sogar ein Bürgerkrieg in den USA.

Alles dies wird sich schon in den kommenden zehn Jahren abspielen.

Die mächtigen Staaten würden sich durchsetzen, Kleinstaaten sind gefährdet. Nur mit hoher Flexibilität, der beruflichen und sozialen Wandel inkludiert, können die Menschen „Die grosse Unordnung“ überstehen.

Im schlimmsten Fall sei auch die Knechtschaft nicht mehr ausgeschlossen.

Angesichts dieser absoluten Notlage, in welche die westliche Welt hineinsteure, beschäftigen sich Hummler-Adamovich in ihrer Arbeit intensiv mit dem grössten Gegner der USA, China.

China, so heisst es, arbeitet und produziert, während die Menschen im Westen, die Amerikaner allen voran, konsumieren.

Dem könne einzig mit einem Schuldenschnitt relativ schmerzlos und zielführend begegnet werden.

Vielerorts, vor allem auch in Europa träume man von einer Restauration, einer Rückkehr der alten Zeiten. Viel wahrscheinlicher sei das Eintreffen eines militärischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chaos.

Gescheitert sei damit die Politik von Henry Kissinger aus der Zeit von US-Präsident Nixon. Beide wollten mit einer Politik des Freihandels die amerikanische Vorherrschaft sichern – mit China auf dem Soziussitz.

Die  Folge war der Aufstieg Chinas in nur 40 Jahren, während die USA es verlernten, selber zu produzieren.

Die zwei Autoren legen zur Genüge Indizien vor, dass Donald Trump auf dem Feld der Aussenpolitik aus amerikanischer Sicht vernünftig handelt.

In der Innenpolitik verspricht er seinen eigenen Landsleuten „eine bittere Medizin“.

Sein Ziel ist es, aus dem Hegemon USA, dem Imperium des 20. Jahrhunderts, eine erneut prosperierende Grossmacht zu bauen.

Die Überschuldung der USA beruht in erster Linie auf den Ausgaben für Armee, Luftwaffe und Marine. Nach Ansicht von Hummler-Adamovich sind es nicht jährlich gut 900 Milliarden Dollar, entsprechend 3,3 Prozent des BIP, die dafür investiert werden.

Sondern es sind über 1000 Milliarden, welche die USA bisher für die Sicherheit auf dem Globus jährlich aufgewendet hat. Das wären 5 Prozent der US-Wirtschaftsleistung.

Gleichzeitig sind die Steuereinnahmen aus industrieller Tätigkeit gesunken. Die Kosten für die Entwicklungshilfe und Sozialausgaben im eigenen Land gingen jedes Jahr in die Höhe.

Die steigenden Zinsen für ausstehende Schulden erklären, weshalb Trump das FED zu sinkenden Zinsen auffordert.

Die US-Wirtschaft wächst, aber die Staatsschulden wachsen schneller.

Das alles sind die Gründe, weshalb sich Donald Trump in seinen ersten 100 Tagen als US-Präsident von den widerwillig-wohlwollenden Freunden der USA abgewandt und den bisherigen Gegnern zugewandt hat.

Das Vertrauen ist zerstört, ein Zurück zum Normalzustand wird es nicht mehr geben.

Ohne sorgfältig geplantes Drehbuch wäre es Trump in seinen ersten 100 Tagen an der Staatsspitze nie gelungen, die Welt derart auf den Kopf zu stellen.

Er ist kein Irrer aus Manhattan, sondern ein Politiker, der die schwierige Situation seines Landes erkannt hat und nur wenige Möglichkeiten hat, dem Niedergang zu entkommen.

Es würde den zahllosen politischen Kommentatoren in der Schweiz guttun, diese unabhängige Analyse des amtierenden US-Präsidenten zur Kenntnis zu nehmen.

Unsere Politiker, vor allem jene, die sich mit Aussenpolitik beschäftigen, finden in der Kampfschrift der Zürcher Progress Foundation eine ausgezeichnete Grundlage, um mit Donald Trump ins Geschäft zu kommen.

Sie müssen ihm nicht gleich ein Flugzeug schenken, aber die Verhandlungen mit den USA auch unter dem Aspekt führen, dass dort Cash hoch gefragt ist.

Dieser Text ist erstmals am 18. Mai im Inside Paradeplatz erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung der Autors wiedergegeben.