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01.08.2018

Wo Null-Toleranz imperativ ist

Buchkapitel

Frank Urbaniok
Total Data - Total Control

Der forensische Psychiater Frank Urbaniok legt in unserem 2017 erschienenen Buch „Total Data – Total Control“ dar, wie aus seiner Sicht mit gewaltbereiten Straftätern umgegangen werden sollte. Der Toleranzbegriff führe hier in die Irre. Die Gesellschaft habe ein Recht darauf, vor gefährlichen Straftätern geschützt zu werden. Der Opferseite werde zu wenig Beachtung geschenkt, meint Urbaniok: Weil unser Rechtssystem nach dem Schuldprinzip funktioniere, werde das Opfer zu einem „Beweismittel“ im Rechtsverfahren degradiert. Nach seiner Ansicht sollte das Präventionsprinzip ebenso stark gewichtet werden wie das Schuldprinzip. Das sei ganz im Sinne des Opferschutzes. Wenn man die Straftäter und ihre Taten analysiere und ein Risikoprofil hinsichtlich ihrer möglichen Rückfälligkeit erstelle, könne man nämlich eine zielgerichtete und risikosenkende Therapie in Angriff nehmen.

Sowohl beim Schuldprinzip als auch beim Präventionsprinzip gelte das rechtsstaatliche Erfordernis der Verhältnismässigkeit. Diese sei einerseits durch „populistische Instrumentalisierung“ gefährdet, indem Ausnahmefälle skandalisiert und für extreme politische Forderungen missbraucht würden. Andererseits drohe eine „bürokratische Übersteuerung und Verschleierung“. So blieben manche Straftäter aus rein bürokratischen und formaljuristischen Gründen trotz erfolgreicher Therapie viel zu lange im Strafvollzug, was sich negativ auf den Therapieerfolg auswirken könne. Eine Verschleierung erfolge häufig aus Gründen der „politischen Korrektheit“, etwa wenn in der statistischen Erfassung von Straftaten der Nationalität keine Bedeutung beigemessen werde. Es sei schliesslich Tatsache, dass Personen mit Migrationshintergrund überproportional oft in Kriminalstatistiken aufschienen. Diese Häufigkeit könne nicht allein mit sozialen Faktoren wie z.B. dem geringen Bildungsstand erklärt werden, meint Urbaniok. Es fehle auf beiden Seiten des politischen Spektrums am Wille zu einer differenzierten Diskussion der (Ausländer-)Kriminalität.

Der Text ist hier als PDF verfügbar:

Wo Null-Toleranz imperativ ist