Macht Geld glücklich? Diese Frage beantworten Ökonomen normalerweise mit: Ja. Wer mehr Geld hat, kann sich eher die Güter leisten, die ihm grossen Nutzen stiften. In letzter Zeit wird diese Sicht aber in der eigenen Zunft herausgefordert. Studien, die sich mit Glück beschäftigen, zeigen auf, dass zwar in den Industriestaaten der Lebensstandard in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gestiegen ist, diese Veränderungen haben aber nicht dazu geführt, dass sich die Menschen glücklicher fühlen. Dieser Befund wirft Zweifel an der Forderung nach mehr Wachstum auf; denn das Wirtschaften sollte nicht zum Selbstzweck verfolgt werden, sondern das Wohlbefinden der Menschen steigern. Im Rahmen der 20. Economic Conference der Progress Foundation und des Council on Public Policy gingen am Dienstag in Zürich der in Princeton lehrende Historiker Harold James und der Zürcher Wirtschaftsprofessor Bruno S. Frey dem Glück aus ökonomischer Perspektive nach.
Zum Glück zwingen?
James führte im Vortrag weitere Erkenntnisse aus der Glücksforschung auf: In reichen Ländern sind die Menschen glücklicher, aber ein allgemeiner Anstieg des Einkommens in einem Staat macht die Armen nicht zufriedener. Eine Erklärung dafür ist, dass nicht der absolute, sondern der relative Wohlstand entscheidend ist. Egal, wie reich einer ist, er will einfach mehr als der Nachbar haben. Ausserdem gewöhnen sich Menschen schnell an den Luxus, so dass die «Dosis» immer mehr gesteigert werden muss. Als Ausweg aus diesem Teufelskreis schlagen einige Glücksforscher beispielsweise Steuern für Luxusgüter vor. In letzter Konsequenz müsste der Staat die Menschen zum Glück zwingen, indem er die Wahlfreiheit einschränkt. Vehement widerspricht James dieser Schlussfolgerung. Aus seiner Sicht liegt die Wurzel der Unzufriedenheit nicht in den steigenden Erwartungen der Menschen, sondern in der Zunahme der Unvorhersehbarkeit. Durch die grossen gesellschaftlichen und technischen Umwälzungen wird es für den Einzelnen immer schwieriger abzuschätzen, wohin sich die Gesellschaft bewegt. Für James muss aber der Versuch, durch Regulierungen das Glück zu fördern, in der Enttäuschung enden, weil sich nicht alles kontrollieren lässt. Eine bessere Lösung, um sich dieser Herausforderung zu stellen, sei, die Wahlfreiheit zu erhalten. Die Möglichkeit, eine Auswahl zu treffen, bedeute aber auch, für die Konsequenzen daraus die Verantwortung zu übernehmen. Diese Verantwortung für das eigene Glück sollte nicht in die Hände anderer gegeben werden; auch wenn das eigenverantwortliche Handeln ins Unglück führt. Einmal getroffene Entscheidungen helfen aber, die Unvorhersehbarkeit einzudämmen, indem sie einen Rahmen für weitere Entscheidungen bilden.
Felix Helvetia
Auch Frey betonte, dass es nicht Aufgabe des Staats sei, das Glück zu maximieren. Die Rolle des Staates bestehe vielmehr darin, die Grundlagen zu schaffen, damit die Menschen ihr Glück finden können. Zunächst schilderte er aber in seinem Referat, wie die Glücksforscher vorgehen. Um das Glück zu messen, werden die Leute – neben anderen Methoden – schlicht und einfach danach gefragt, wie zufrieden sie insgesamt mit ihrem Leben sind. Was bestimmt aber nun das Glück? Frey wies darauf hin, dass ein hohes Einkommen glücklich macht, aber in einem geringen Ausmass. Wichtiger sei es, eine Arbeitsstelle zu haben; Arbeitslosigkeit führe dazu, dass sich der Einzelne nicht gebraucht fühle. Neben der genetischen Bestimmung zur Zufriedenheit nannte der Zürcher Ökonom auch sozio-demographische Gründe: Verheiratete seien glücklicher; Kinder bereiten erst dann Freude, wenn sie aus dem Haus sind. Daneben betonte er den positiven Einfluss politischer Institutionen wie der direkten Demokratie oder des Föderalismus auf das Glück. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, warum die Schweiz in vielen Studien als das Land mit der glücklichsten Bevölkerung aufscheint.