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Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung

Skandale in der Wirtschaft und nicht gehaltene Versprechungen in der Politik haben zu einem massiven Vertrauensverlust in die liberale Ordnung in vielen westlichen Gesellschaften geführt. Vertrauen ist dadurch ein Schlüsselbegriff in der öffentlichen Diskussion geworden. Autoren mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund beleuchten in diesem Band Fragen um Vertrauen, Misstrauen, Zutrauen und Selbstvertrauen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext. Sie beleuchten vor allem ökonomische und wirtschafts-philosophische Aspekte. Sie gehen aber auch fundamentalen, ja existenziellen Aspekten des Vertrauens nach, etwa in den Zusammenhängen von Theologie, Psychologie, Medizin und Spitzensport.

Mit Beiträgen von: Max D. Amstutz, Peter Athanas, Andreas R. Batlogg, Peter Hafter, Eugen Haltiner, Hans Haumer, Thomas J. Jordan, Erich Kirchler, Guy Kirsch, Ignaz Miller, Oswald Oelz, Tanja Rippberger, Urs Schoettli, Gerhard Schwarz, Johann Steurer, Theresia Theurl.

 

Herausgeber:
Gerhard Schwarz
Autoren:
Max. D. Amstutz
Peter Athanas
Andreas B. Batlogg
Peter Hafter
Eugen Haltiner
Hans Haumer
Thomas J. Jordan
Erich Kirchler
Guy Kirsch
Ignaz Miller
Oswald Oelz
Tanja Rippberger
Urs Schoettli
Johann Steurer
Theresia Theurl
Verlag:
NZZ Libro
Erscheinungsjahr:
2007
ISBN:
978-3-03823-330-5
Preis:
48.00 Fr.
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Berichterstattung in den Medien
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Menaces sur la croissance et la finance
Emmanuel Garessus, Le Temps, 02/05/2007
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Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung
Hans Haumer, Wirtschaftspolitische Blätter, 01/04/2007
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Vertrauen in der Medizin
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Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
Anne Saxe, NZZ, 27.07.2007

Kapitelauszüge

Ignaz Miller

Ignaz Miller schreibt in dem Buch „Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung“ (Hrsg. Gerhard Schwarz) über das Verhältnis zwischen der Presse und gesellschaftlichem Vertrauen. Eine freie Presse sei zwar keine Garantie, aber auf jeden Fall eine notwendige Basis für Vertrauensbildung. Mit ihrer Kritik an den Zuständen und Positionsbezügen gegen die herrschende Politik leisteten beispielsweise Zeitungen einen wichtigen Beitrag zur Schaffung und Bewahrung von Vertrauen in freien Gesellschaften. Wo es nur staatlich kontrollierte und zensurierte Informationsorgane gebe, könne gar nicht sinnvoll von „Vertrauen“ gesprochen werden. Miller ist davon überzeugt, dass nicht nur Qualitätsmedien einen wesentlichen Beitrag zu einer funktionierenden freiheitlichen Gesellschaftsordnung leisten, sondern auch die Boulevard- und Klatschpresse. Diese folge der marktwirtschaftlichen Logik und bediene die Konsumentennachfrage, sie diene aber letztlich etwa mit Nachrichten über Hollywood-Stars ebenfalls der Transparenz – und damit dem Vertrauen.

Der Text ist hier als PDF verfügbar:

Ignaz Miller: Presse und Vertrauen

Erich Kirchler

Der Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler zeigt im Buch „Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung“ der Progress Foundation die Wichtigkeit und den Facettenreichtum von Vertrauen. In der Ökonomie wird gemäss Kirchler Vertrauen als Ergebnis rationaler und nutzenmaximierender Überlegungen angesehen. Das habe im Vergleich zu kostenintensiven Vertragsabsicherungen, die notwendig würden, wenn Misstrauen herrsche, grosse Vorteile.

Vertrauen ist allerdings für den, der Vertrauen schenkt, immer mit Ungewissheit verbunden, schreibt Kirchler, denn es sei nicht klar, ob sich diejenige Person, der vertraut wird, auch tatsächlich vertrauensvoll verhalte. Ausserdem sei Vertrauen sogar mit einem gewissen Risiko verbunden, denn der Vertrauensgeber könne Schaden nehmen. Dort, wo das Vertrauen immer wieder gebrochen werde, komme es zu hohen Transaktionskosten, denn in von Misstrauen geprägten Gesellschaften müsse man sich mit bürokratischem Aufwand absichern und die Einhaltung der Abmachungen aufwendig kontrollieren. Dies habe nicht nur negative wirtschaftliche Konsequenzen, sondern könne auch politische Institutionen und ganze Staaten schwer beeinträchtigen. Deshalb betont Kirchler die enorme Wichtigkeit von Vertrauen nicht nur für ökonomische, sondern auch für staatliche Akteure.

Gemäss Kirchler ist die Wirtschaft nicht allein von auf Misstrauen fussendem, rationalem und nutzenmaximierendem Verhalten geprägt. Vielmehr werde häufig versucht, durch einen Vertrauensvorschuss ein kooperatives und für alle Seiten gewinnbringendes Verhalten zu fördern. Damit könne man die kostspieligen Folgen von bürokratischen und auf einer zu engen Rationalität basierenden Vertragsabsicherungen vermeiden.

Der Text ist hier als PDF verfügbar:

Erich Kirchler: Die Perspektive der Ökonomischen Psychologie

Gerhard Schwarz (NZZ)

Der Mediziner und Spezialist für Evidence Based Medicine, Johann Steurer, legt in unserem Buch „Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung“ dar, welche Bedeutung das Vertrauen im medizinischen Bereich hat. Zum einen sei das direkte Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten natürlich von zentraler Bedeutung. Meist sei absolut sicheres Wissen in der Medizin schlichtweg unmöglich; vielmehr handle es sich fast immer „nur“ um probabilistisches Wissen. Insofern sei es unumgänglich, dass zwischen Arzt und Patient Vertrauen herrsche: Der Patient soll dem Arzt vertrauen können, dass die Diagnose sorgfältig erfolgt und die vorgeschlagene Behandlung die beste im Patienteninteresse ist. Der Arzt wiederum müsse dem Patienten hinsichtlich der Richtigkeit der Symptomschilderung oder der Einahme von Medikamenten vertrauen können.

Zum anderen sei aber noch auf einer zusätzlichen Ebene Vertrauen erforderlich, führt Steurer aus: Ärzte und Patienten müssten dem gesamten System „Medizin“ Vertrauen entgegenbringen können. Dazu seien bspw. staatliche Regulierungen zur Qualitätskontrolle notwendig. Ärzte müssten sicher gehen können, dass die von Fachexperten empfohlenen Methoden und Geräte nicht einfach von grossen Pharma- oder Medizinaltechnikunternehmen gesponsert, sondern tatsächlich nutzbringend für die Behandlung seien. Umgekehrt müsse der Patient sicher sein können, dass die Ärzteschaft wirklich für die Patientenanliegen schaue und nicht in erster Linie dem (finanziellen) Eigeninteresse folge.

Ohne solche Vertrauensverhältnisse sei Medizin nicht zu erträglichen Kosten und in einigermassen überschaubarer Komplexität möglich, betont Steurer.

Gerhard Schwarz (NZZ)

Unsere mit hochkarätigen Referenten besetzte 50. Economic Conference musste leider aufgrund des Veranstaltungsverbots verschoben werden. Einer der beiden Referenten wäre Thomas J. Jordan gewesen, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank. In unserem Buch „Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung“ kann man einige Überlegungen nachlesen, die Jordan vor vielen Jahren zur Rolle des Vertrauens für die Geldwertstabilität und die Geldpolitik angestellt hat.

Jordan schreibt, für die allgemeine Akzeptanz eines Zahlungsmittels müsse ein Gleichgewicht herrschen: Alle Akteure würden es für vorteilhaft halten, einem bestimmten Zahlungsmittel zu vertrauen, sodass sich ein davon abweichendes Verhalten nicht mehr auszahle. Dieses Gleichgewicht könne gestört werden, wenn es zu viele verschiedene (teils nicht einmal ineinander konvertierbare) Währungen gebe oder wenn Fälschungen die Leute verunsicherten. Die SNB sorge mit ihrem Münz- und Notenmonopol dafür, dass das Gleichgewicht nicht gefährdet werde.

Ein zentraler Auftrag der SNB ist die Wahrung der Wertstabilität des Geldes. Früher sei dies mithilfe des Goldstandards erreicht worden. Heute, ohne Goldstandard, komme es ganz wesentlich auf das Vertrauen der Menschen in die Fähigkeiten einer Zentralbank an. Je höher die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank sei, umso besser könne sie die Erwartungen der Märkte beeinflussen. Insbesondere ein verfassungsmässiger bzw. gesetzlicher Auftrag zur Sicherung der Preisstabilität und die garantierte Unabhängigkeit der Zentralbank seien hierfür wichtig. Und da der Aufbau des Vertrauens in die Zentralbank und ihre Geldpolitik ein äusserst langwieriger und aufwendiger Prozess sei, dürften die Zentralbanken und die Regierungen die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik keinesfalls leichtfertig verspielen.

Geld, Geldpolitik und Vertrauen (Mai 2020)

Gerhard Schwarz (NZZ)

Einige staatliche und private Akteure wie Gesundheitsbehörden oder Impfstoffproduzenten stehen aufgrund der Corona-Pandemie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Von besonderer Wichtigkeit ist, dass diese Akteure bei der Bevölkerung Vertrauen geniessen. Guy Kirsch hat vor einigen Jahren für unser Buch «Vertrauen – Anker einer freiheitlichen Ordnung» einen Aufsatz geschrieben, der angesichts beschränkter sozialer Kontakte und des Ringens um eine vertrauenswürdige Coronapolitik eine neue und ausserordentliche Aktualität erhält.

Kirsch beschreibt vier Pfeiler des Vertrauens. Erstens könne man einer Person vertrauen, wenn man sie spüre. Signale wie Mimik, Blick oder die Art und Weise des Sprechens könnten einen Eindruck von Vertrauenswürdigkeit vermitteln – oder auch nicht. Damit das funktioniere, brauche es aber eine gewisse räumliche und soziale Nähe.

Zweitens würden Personen, von denen man Grund zur Annahme habe, sie hätten ein Gewissen, eher als vertrauenswürdig eingestuft. Allerdings könne die Wahrnehmung täuschen, daher sei Vorsicht geboten.

Drittens sei die Zukunftsperspektive wichtig. Wenn man erwarte, dass man es mit einer bestimmten Person auch in Zukunft zu tun habe, entstehe eher Vertrauen, weil jeder Missbrauch des Vertrauens ja zu einem Abbruch der Beziehungen führen würde.

Viertens sei ein dichtes soziales Netz ein Hinweis auf Vertrauenswürdigkeit. Je mehr und je dichter jemand in ein Beziehungsnetz eingebunden sei, umso mehr habe diese Person etwas zu verlieren, wenn sie sich nicht vertrauenswürdig verhalte.

Inseln des Vertrauens im Meer des Misstrauens (April 2021)